Kiels malende Chronistin: Sonderausstellung zu Gretel Riemanns 100. Geburtstag
Kultur Ausstellungen
Unsere Städte befinden sich in einem konstanten Wandel. Gebäude werden abgerissen, neue entstehen, Straßenzüge verändern ihr Gesicht. Die Kieler Künstlerin Gretel Riemann (1924-2012) hat diesen Wandel ihrer Heimatstadt über Jahrzehnte hinweg in Bildern festgehalten. Anlässlich ihres 100. Geburtstags widmet das Kieler Stadtmuseum Warleberger Hof der Malerin nun eine Sonderausstellung mit dem Titel "Kiel festhalten. Stadtansichten von Gretel Riemann". Vom 17. November 2024 bis zum 25. Mai 2025 werden hier ihre eindrucksvollen Stadtporträts zu sehen sein.
Wann: | 17. November 2024 bis 25. Mai 2025 |
Wo: | Stadtmuseum Warleberger Hof |
Eintritt: | frei, Anmeldung zu den Veranstaltungen unter 0431 9013425 |
Gretel Riemann wurde 1924 in Kiel geboren. Eigentlich wollte sie Kunst studieren, doch der Zweite Weltkrieg machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen absolvierte sie eine zweijährige Ausbildung zur Technischen Zeichnerin und Konstrukteurin. Diese Ausbildung sollte später auch ihre Kunst prägen: Riemanns Bilder zeichnen sich durch eine große Genauigkeit und einen technischen Realismus aus.
Eine professionelle Künstlerin war Gretel Riemann nie. Zugunsten ihrer Familie stellte sie ihre eigenen Ambitionen zurück. Doch die Kunst ließ sie nie los und war stets Teil ihres Selbstverständnisses. Sie nahm später auch Privatunterricht bei den Kieler Künstlern Illa Blaue und Werner Rieger, einem Mitglied der Künstlergruppe "Gruppe 56".
In den 1970er Jahren fand Gretel Riemann schließlich ihr großes Thema: den Wandel ihrer Heimatstadt Kiel. Ausgelöst durch Kiels Teilnahme an den Olympischen Spielen veränderte sich das Stadtbild in dieser Zeit drastisch. Alte Gebäude wurden abgerissen, neue entstanden. Mit ihren Bildern hielt Riemann diese Veränderungen fest.
Über die Jahre entstanden so mehr als 30 Stadtansichten, die heute in der Sammlung des Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseums zu finden sind. Einige davon hat die Künstlerin dem Museum aus ihrem Nachlass vermacht. Zusammen mit Leihgaben aus Privatbesitz bilden sie nun den Kern der Sonderausstellung zu Gretel Riemanns 100. Geburtstag.
Gretel Riemanns Bilder zeigen Kiel im Spannungsfeld zwischen Verfall und Aufbruch. Mit sicherem Gespür fing die Künstlerin die Orte des Umbruchs ein. Da sind die Abbruchhäuser an der Brunswiker Straße und am Exerzierplatz, die Altbauten der südlichen Vorstadt mit dem Sophienhof und die Kieler Altstadt rund um den Berliner Platz, den Bootshafen und die Schloßstraße. Dabei stehen nicht die Wahrzeichen Kiels im Mittelpunkt, sondern die Alltagsarchitektur im Stadtbild.
Riemann malte Kiel, wie es war – ohne Beschönigung, aber auch ohne Anklage. Ihre Bilder sind Momentaufnahmen einer sich wandelnden Stadt. Meist menschenleer und von einer formalen Strenge geprägt, üben sie doch eine starke Faszination aus. Durch die besondere Lichtstimmung und Farbigkeit findet Riemann auch in Momenten der Transformation und es Verfalls den Moment der authentischen Schönheit.
Den Wandel sichtbar machen
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In der Ausstellung im Stadtmuseum Warleberger Hof werden Gretel Riemanns Stadtansichten nun mit aktuellen Fotos der selben Orte konfrontiert. Der Kieler Fotograf Matthias Friedemann hat sich auf die Spuren der Künstlerin begeben und die von ihr gemalten Motive im Sommer 2024 mit der Kamera eingefangen.
Anders als gewohnt, sind es hier die aktuellen Aufnahmen, die in Schwarz-Weiß gehalten sind, um den Anschein des Historischen herzustellen. Ein Kniff, der den Betrachter innehalten und genauer hinschauen lässt. Wie haben sich diese Orte im Laufe der Jahre verändert? Was ist geblieben, was verschwunden? Die Gegenüberstellung von Gemälde und Fotografie macht den Wandel auf eindrückliche Weise sichtbar.
Die Ausstellung "Kiel festhalten" lädt aber nicht nur zum Betrachten ein. Sie möchte auch einen Impuls setzen, sich mit dem Thema Stadtentwicklung und Wandel auseinanderzusetzen. Denn Kiel befindet sich nach wie vor im Umbruch. Gerade die Innenstadt hat sich seit 2017 stark verändert und wird sich weiter verändern.
Unter dem Motto "Wo und wie ist Kiel für Sie im Wandel?" sind die Besucher:innen der Ausstellung eingeladen, selbst aktiv zu werden. Auf Notizzetteln können sie ihre Gedanken zu diesem Thema festhalten. Wer möchte, kann auch ein Foto von seinem ganz persönlichen Ort des Wandels in Kiel machen und an das Museum unter stadtmuseum@kiel.de schicken. Die eingesandten Bilder werden dann in der Ausstellung gezeigt als Ausdruck des Wandels, der uns alle betrifft und bewegt.
Die Ausstellung wird am 17. November 2024 um 11.30 Uhr offiziell eröffnet. Stadtpräsidentin Bettina Aust, Leiterin des Kieler Stadt- und Schiffahrtsmuseums Dr. Sonja Kinzler, die Tochter der Künstlerin Gerlind Buscher sowie Kuratorin Katrin Seiler-Kroll werden Redebeiträge beisteuern.
Ein ausführliches Programm an Veranstaltungen begleitet die Ausstellung. Zu den Highlights gehören die Themenführung zum Auftakt am 26. November 2024, die Kuratorinnenführung durch die Ausstellung mit Katrin Seiler-Kroll am 22. Januar und 5. März 2025, die Tandemführungen mit der Tochter der Künstlerin Gerlind Buscher am 12. April und 25. Mai 2025 sowie die Kreativworkshops. Auch für Kinder gibt es Programm. Alle Veranstaltungen findet ihr online unter stadtmuseum-kiel.de. Der Eintritt zu nahezu allen Angeboten ist frei, nur um Anmeldung wird gebeten.
Gretel Riemanns Stadtbilder sind ein Fenster in Kiels Vergangenheit. In einer Zeit, in der sich unsere Städte rasant verändern, gewinnen solche Bilddokumente zunehmend an Bedeutung. Sie zeigen uns, woher wir kommen und woran wir uns erinnern sollten, wenn wir die Stadt von morgen gestalten. Die Bilder sind sorgfältig komponiert und neben dem dokumentarischen Aspekt wunderschön anzusehen, die Auswahl und Sortierung erfolgte mit viel Feingefühl. Wir können einen Besuch der Ausstellung und einer Begleitveranstaltung aufs Wärmste empfehlen!