Kiel kämpft gegen den Handwerkermangel

Der Fachkräftemangel im Handwerk stellt Städte und Gemeinden in Deutschland aktuell vor große Herausforderungen. Auch die Stadt Kiel ist davon betroffen und aufgerufen, innovative Wege zu finden, um diese Problematik in den Griff zu bekommen. Unterschiedliche Ursachen, darunter der demografische Wandel, der Rückgang der Bewerberzahlen und das steigende Durchschnittsalter der Handwerker, tragen zum Fachkräftemangel bei.

Drechsler, © Pixabay.com/Jürgen Sieber
Drechsler, © Pixabay.com/Jürgen Sieber

Die gegenwärtigen Herausforderungen verlangen nach vielseitigen und effektiven Lösungsansätzen, die in diesem Beitrag thematisiert werden.

Aktuelle Situation und Herausforderungen

Laut aktuellen Statistiken fehlen in Kiel rund 10.000 Fachkräfte in verschiedenen Handwerksberufen. Besonders betroffen sind Branchen wie das Baugewerbe, die Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sowie das Elektrohandwerk. Die Auswirkungen sind gravierend: Zahlreiche Bauprojekte in der Stadt verzögern sich, Wartungsarbeiten dauern länger als geplant, und viele Betriebe können Aufträge nicht mehr annehmen, weil es ihnen schlichtweg am benötigten Personal mangelt.

Der Präsident der Handwerkskammer Schleswig-Holstein, Ralf Starner, erklärt, dass sich die Lücke nur schließen lasse, wenn die Stadt Kiel ausreichend junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk mobilisiere und sie von den vielfältigen Möglichkeiten überzeuge, zum Beispiel durch Praktika.

Initiativen und Projekte der Stadt Kiel

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, hat die Stadt Kiel verschiedene Initiativen und Projekte gestartet. Ein zentrales Projekt ist die "Handwerksoffensive Kiel", die in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Schleswig-Holstein ins Leben gerufen wurde. Sie verfolgt das Ziel, mehr Jugendliche für eine Ausbildung im Handwerk zu begeistern.

Hierzu organisiert die Handwerksoffensive regelmäßig Informationsveranstaltungen und Tage der offenen Tür in Kieler Handwerksbetrieben. Ein weiteres Erfolg versprechendes Projekt ist "Handwerk erleben", bei dem Schüler durch Praktika und Betriebsbesichtigungen Einblicke in die Vielfalt der Handwerksberufe in Kiel erhalten.

Innovative Ausbildungskonzepte

Um den Fachkräftemangel langfristig einzudämmen, setzt Kiel auf neue Ausbildungskonzepte. Eines davon ist das sogenannte "Kieler Modell", das eine duale Ausbildung mit zusätzlichen Fortbildungsmöglichkeiten kombiniert. Dabei arbeiten die Auszubildenden nicht nur in den Betrieben, sondern besuchen auch Kurse an der Handwerkskammer, um ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen zu erweitern.

Darüber hinaus forciert die Stadt eine Kooperation mit weiterführenden Schulen. Deshalb gibt es jetzt in Kiel spezielle Berufsorientierungsprogramme, bei denen Schüler ab der 9. Klasse an Projekttagen teilnehmen und sich in verschiedenen Handwerksberufen ausprobieren können. Auch für bereits ausgebildete Fachkräfte bietet Kiel Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme an, um ihnen den Einstieg in andere Handwerksbereiche zu erleichtern.

Förderung von Jugendlichen und Quereinsteigern

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gezielte Förderung von Jugendlichen und Quereinsteigern. Kiel greift hierbei zu Maßnahmen, die junge Menschen zu handwerklichen Tätigkeiten animieren sollen. Dazu gehören unter anderem Berufsinformationstage, bei denen Handwerksbetriebe ihre Berufe vorstellen und praktische Workshops veranstalten. Regelmäßige Praktika in Handwerksbetrieben sind ebenso Teil des Programms.

Für Quereinsteiger gibt es in Kiel Unterstützungsangebote für den Neustart im Handwerk. Dazu zählen Umschulungsprogramme, die in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den Handwerkskammern durchgeführt werden. Quereinsteiger haben so die Chance, eine fundierte handwerkliche Ausbildung zu absolvieren und sich beruflich neu zu orientieren.

Technologische Innovationen und Digitalisierung

Die Digitalisierung gewinnt im Handwerk zunehmend an Wichtigkeit. Kiel spricht sich deshalb für den Einsatz moderner Technologien aus, um die Attraktivität der Handwerksberufe zu erhöhen und die Arbeit effizienter zu gestalten. Ein Beispiel hierfür ist der Gebrauch digitaler Werkzeuge und Plattformen, die den Arbeitsalltag der Handwerker erleichtern. Deren Spektrum umfasst etwa digitale Baupläne, 3D-Drucker und Softwarelösungen für die Planung und Abwicklung von Bauprojekten.

Um den Handwerkern die nötigen digitalen Kompetenzen zu vermitteln, veranstaltet die Handwerkskammer Kiel in regelmäßigen Abständen Schulungen und Workshops. Durch diese Maßnahmen sollen sich Handwerkern das Know-how über die neuesten Technologien im Arbeitsalltag aneignen.

Monteurzimmer als Lösungsmöglichkeit

Eine effektive Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind Monteurzimmer, da sie erschwingliche Unterkünfte für auswärtige Fachkräfte bieten. Dadurch können Handwerker aus verschiedenen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland an Projekten in Kiel arbeiten. Aktuelle städtische Initiativen zielen darauf ab, mehr Monteurzimmer bereitzustellen und den Aufenthalt für die Handwerker so angenehm wie möglich zu gestalten.

Ein Beispiel hierfür ist das Projekt "Monteurzimmer Kiel", bei dem leerstehende Gebäude und Wohnungen in Monteurunterkünfte umgewandelt werden. Diese Zimmer sind modern ausgestattet und zeichnen sich durch einen hohen Komfort aus. Die Initiative hat sich bereits als erfolgreich erwiesen: Die Zahl der auswärtigen Fachkräfte, die im Kieler Handwerk tätig sind, hat deutlich zugenommen.

Zusammenarbeit und Netzwerke

Die Bekämpfung des Fachkräftemangels im Handwerk erfordert starke Netzwerke, die eng miteinander zusammenarbeiten. In Kiel gibt es zahlreiche Handwerksnetzwerke und Verbände. Diese setzen sich für die Interessen der Handwerker ein und entwickeln gemeinsam Lösungen. Das "Handwerksnetzwerk Kiel" gibt beispielsweise Handwerksbetrieben die Möglichkeit, sich regelmäßig auszutauschen und zu kooperieren.

Durch Netzwerke wie diese können Handwerker Erfahrungen und Best Practices teilen und zusammen neue Ideen entwickeln. Erfolgreiche Zusammenarbeiten zeigen sich ebenfalls in Projekten, bei denen mehrere Betriebe und Institutionen an einem Strang ziehen, um größere Bauprojekte zu realisieren oder Ausbildungsprogramme voranzutreiben.

Finanzielle Unterstützung und Förderprogramme

Um dem Fachkräftemangel im Handwerk zu begegnen, stehen in Kiel auch diverse finanzielle Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Diese reichen von Zuschüssen für Ausbildungsbetriebe über Fördergelder für Weiterbildungsmaßnahmen bis hin zu speziellen Programmen für die Integration von Quereinsteigern und ausländischen Fachkräften.

Ein von Erfolg gekröntes Beispiel ist das Förderprogramm "Handwerk 4.0", das Betriebe bei der Digitalisierung unterstützt. Durch die Bereitstellung von Fördergeldern sind Handwerksbetriebe in der Lage, in neue Technologien zu investieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Zukunftsperspektiven

Die Stadt Kiel hat bereits vielfältige Maßnahmen ergriffen, um dem Fachkräftemangel im Handwerk entgegenzuwirken. Die Prognosen für die Zukunft zeigen, dass diese Maßnahmen langfristig erfolgreich sein könnten, jedoch weiterhin Anstrengungen notwendig sind. Strategien zur langfristigen Fachkräftesicherung beinhalten die kontinuierliche Weiterentwicklung der Ausbildungskonzepte, die Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren und die Förderung der Digitalisierung im Handwerk.

Ein gemeinsames Engagement aller Beteiligten ist wichtig, um den Fachkräftemangel nachhaltig zu reduzieren und das Handwerk in Kiel zukunftsfähig zu machen.

Fazit

Die Stadt Kiel zeigt, dass sie bestrebt ist, den Fachkräftemangel im Handwerk mit innovativen Lösungen und Initiativen zu verringern. Von Bildungseinrichtungen über Handwerksbetriebe bis hin zu Netzwerken und Förderprogrammen – es gibt bereits eine Vielzahl von Ansätzen.

Die Stadt demonstriert, dass Netzwerke ein guter Nährboden für kreative Lösungen sein können. Die Notwendigkeit, weiterhin gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, bleibt jedoch gegenwärtig bestehen. Mit Blick auf zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen ist Kiel auf einem soliden Weg, den Fachkräftemangel im Handwerk erfolgreich zu bekämpfen.

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