Autonomes Fährschiff soll den Nahverkehr auf der Kieler Förde revolutionieren

In Kiel bahnt sich eine kleine Revolution im öffentlichen Nahverkehr an: Schon bald soll eine autonom fahrende Fähre Passagiere über die Schwentinemündung befördern – ganz ohne menschliche Besatzung an Bord. Das innovative Projekt wird von der Kieler CAPTN-Initiative vorangetrieben, einem Zusammenschluss von Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung. Ihr Ziel: den Nahverkehr flexibler, bedarfsgerechter und vor allem klimafreundlicher zu gestalten.

Mobilitätsdezernentin Alke Voß, FH-Präsident Professor Dr. Björn Christensen, CAPTN-Koordinatorin Dr. Wiebke Müller-Lupp, Prof. Dr.-Ing. Hendrik Dankowski und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen, © kiel-magazin.de
Mobilitätsdezernentin Alke Voß, FH-Präsident Professor Dr. Björn Christensen, CAPTN-Koordinatorin Dr. Wiebke Müller-Lupp, Prof. Dr.-Ing. Hendrik Dankowski und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen, © kiel-magazin.de

Als Teststrecke für das ambitionierte Vorhaben ist die Schwentinemündung zwischen den Anlegern Dietrichsdorf und Wellingdorf auf dem Ostufer der Kieler Förde vorgesehen. Eine eigens gegründete Projektgruppe, bestehend aus der CAPTN-Initiative, der Fachhochschule Kiel, der Forschungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel GmbH, der Landeshauptstadt Kiel und dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein, treibt das Projekt voran.

Ziel ist es, im Jahr 2028 eine speziell für diesen Zweck konstruierte Fähre in Betrieb zu nehmen. Zunächst soll sie noch teilautonom, also mit einem Besatzungsmitglied an Bord, verkehren. Später dann ist der vollautonome Betrieb geplant. Fußgänger und Radfahrer sollen so schnell und bequem von einem Ufer der Schwentinemündung zum anderen gelangen können.

Große Vorteile für Pendler und Umwelt

Die selbstfahrende Pendelfähre hätte gleich mehrere Vorteile: Zum einen würde sie Mitarbeitern und Studenten der Fachhochschule Kiel eine deutlich kürzere Anfahrt zur FH in Neumühlen-Dietrichsdorf ermöglichen. Zum anderen kämen sie von dort schneller zu den Räumlichkeiten der Hochschule auf dem Seefischmarktgelände in Wellingdorf, da der Umweg über die Alten Schwentinebrücken entfiele.

Auch die bereits bestehende Schwentinefährlinie der Schlepp-und Fährgesellschaft Kiel (SFK) würde profitieren: Sie müsste nur noch einen der beiden Anleger bedienen und könnte daher in kürzeren Intervallen zwischen dem Kieler West- und Ostufer pendeln.

Kiels Mobilitätsdezernentin Alke Voß sieht in dem Projekt viele Vorteile: "Unsere großartige pragmatische Zusammenarbeit in den letzten Monaten für die Realisierung einer teilautonomen Fähre auf der Schwentine ist ein Aushängeschild für die Wissenschaftsstadt Kiel! Hier wird die maritime Zukunft gemacht. Wir sorgen in Kiel für bessere Verkehre auf dem Wasser und nebenbei gehen wir mit autonomen Fähren noch das Problem des Fachkräftemangels auf dem Wasser an."

Auch Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen unterstreicht die Bedeutung des Vorhabens: "Das autonome Fahren ist eines der maßgeblichen Zukunftsthemen und alternative, umweltschonende Antriebe sind erforderlich für die Verkehrswende. Daher fördern und unterstützen wir seit mehreren Jahren die CAPTN-Initiative."

Innovative Technik made in Schleswig-Holstein

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Die Planungen konzentrieren sich aktuell auf eine 12,50 Meter lange und 4 Meter breite Doppelendfähre, die mit Zu- und Ausstiegen an Bug und Heck einen "Durchgangsverkehr" möglich macht. Bis zu 35 Passagiere sollen barrierefrei an und von Bord gelangen können. Die Mitnahme von Fahrrädern, auch Lastenrädern, soll uneingeschränkt möglich sein.

Angetrieben wird die Fähre batterieelektrisch. In der Probezeit soll sie zunächst teilautonom, später dann vollautonom die 300 Meter zwischen den beiden bestehenden Fähranlegern zurücklegen. Perspektivisch ist auch eine Direktverbindung zwischen Dietrichsdorf und dem Seefischmarkt auf der direkt gegenüberliegenden Seite angedacht, wofür allerdings erst noch die nötige Infrastruktur an Land geschaffen werden muss.

"Mit der autonomen Pendelfähre bringen wir Zukunftstechnologie aus Schleswig-Holstein aufs Wasser", unterstreicht CAPTN-Koordinatorin Dr. Wiebke Müller-Lupp. "Dieses Projekt zeigt, wie wir mit Innovation und Zusammenarbeit nachhaltige Mobilität voranbringen und Kiel zum Vorreiter für intelligente, klimafreundliche Verkehrslösungen machen – entwickelt und erprobt direkt hier in der Region."

Umbau der Fähranleger notwendig

Eine Visualisierung der autonomen Fähre, © Landeshauptstadt Kiel
Eine Visualisierung der autonomen Fähre, © Landeshauptstadt Kiel

Voraussetzung für den Einsatz der autonomen Fähre ist allerdings der Umbau der Anlegestellen. Der Fähranleger Dietrichsdorf muss ohnehin für die große SFK-Fähre barrierefrei umgebaut werden. In diesem Zug soll nun auch gleich für die neue Pendelfähre mitgeplant werden. Kleinere Anpassungen sind zudem am Anleger Wellingdorf erforderlich.

Die Planungsleistung für den Anlegerumbau erbringt die Landeshauptstadt Kiel, die auf Drittmittel zur Finanzierung der Ladestation des Anlegers hofft. Für die Planung und den Bau der Fähre selbst werden die Kosten derzeit auf rund drei Millionen Euro geschätzt. Die Förderantragstellung soll noch im zweiten Quartal dieses Jahres durch die Forschungs- und Entwicklungszentrum der Fachhochschule Kiel GmbH in Kooperation mit dem CAPTN-Konsortium erfolgen.

Chance für nachhaltige urbane Mobilität

FH-Präsident Professor Dr. Björn Christensen sieht in dem Projekt eine große Chance: "Angewandte Forschung ausgerichtet auf die Bedarfe der Region, das ist die Stärke unserer Hochschule. Besonders erfolgreich sind wir, wenn wir unsere Kompetenzen und die der Hochschulen und Unternehmenspartner aus der CAPTN-Initiative bündeln können, wie in diesem konkreten Fall. Und besonders schön ist es, wenn wir diese Kompetenzen direkt vor unserer 'Haustür' in ein zukunftsweisendes Projekt einbringen können."

Auch Prof. Dr.-Ing. Hendrik Dankowski von der FH Kiel, der die Vorstudie zur Fähre erarbeitet, ist optimistisch: "Fähren werden noch viel zu selten als attraktives und umweltfreundliches Verkehrsmittel auf dem Wasser genutzt, gerade auch im urbanen Raum. Die Schwentinependelfähre ist ein gelungenes Beispiel für die gesellschaftliche Relevanz angewandter Forschung. Sie kann als konkreter Anwendungsfall für die zulassenden Behörden dienen und der Öffentlichkeit zeigen, was für eine Bereicherung autonome Mobilität für die Verkehrswende sein könnte."

Die autonome Pendelfähre auf der Kieler Förde könnte somit zum Vorbild für nachhaltige urbane Mobilität werden. Sie zeigt, wie durch innovative Technologien und die Zusammenarbeit verschiedener Akteure der öffentliche Nahverkehr attraktiver, flexibler und umweltfreundlicher gestaltet werden kann.

Quelle:  Landeshauptstadt Kiel
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